Clair Obscur: Expedition 33 – Eine neue Art von RPG?

Rollenspiele haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte stetig weiterentwickelt – von klassischen rundenbasierten Mechaniken bis hin zu actiongeladenen Echtzeitkämpfen. Doch mit Clair Obscur Expedition 33 bahnt sich ein Titel an, der nicht nur das Genre bereichern, sondern es vielleicht sogar neu definieren könnte. Entwickelt von dem französischen Studio Sandfall Interactive, bringt das Spiel eine faszinierende Mischung aus malerischer Ästhetik, innovativem Gameplay und tiefgründiger Erzählweise auf den Bildschirm – und das alles unter dem Banner eines ambitionierten Rollenspiels.
 

Bereits der visuelle Stil des Spiels lässt aufhorchen: Inspiriert von der klassischen Malerei des 19. Jahrhunderts, vermischt mit surrealistischen Elementen und einem Hauch von Art Nouveau, erschafft Clair Obscur eine Welt, die gleichzeitig fremdartig und vertraut wirkt. Der Name – eine Anspielung auf den Kunstbegriff Chiaroscuro (Hell-Dunkel) – ist dabei Programm: Licht und Schatten, Hoffnung und Verzweiflung, Realität und Traum scheinen in diesem Spiel untrennbar miteinander verbunden zu sein.
 

Inhaltlich dreht sich alles um die titelgebende „Expedition 33“ – eine Gruppe von Auserwählten, die jährlich losgeschickt wird, um gegen eine mysteriöse Künstlerin namens „The Paintress“ zu kämpfen. Diese löscht jedes Jahr wahllos Menschen aus dem Gedächtnis der Welt, indem sie deren Namen auf eine Leinwand malt – ein tragisches Schicksal, dem sich unsere Heldin Gloria entgegenstellt. Das Spiel beginnt dabei nicht bei der ersten, sondern bei der 33. Expedition – ein kluger Kniff, der Raum für eine reiche Hintergrundgeschichte und zahllose Geheimnisse lässt.
 

Besonders innovativ ist das Kampfsystem von Clair Obscur: Expedition 33. Es kombiniert klassische, rundenbasierte RPG-Elemente mit Echtzeitkomponenten – etwa beim Ausweichen oder Blocken gegnerischer Angriffe – und bringt dadurch frischen Wind ins Genre. Hinzu kommt ein taktischer Tiefgang, der nicht nur das Beherrschen von Fähigkeiten, sondern auch deren kreative Kombination verlangt. Der Spieler ist gefordert, zu experimentieren und sich an die sich stetig verändernden Bedingungen anzupassen.



Auch erzählerisch setzt das Spiel auf emotionale Tiefe. Charaktere sind komplex, Dialoge durchdacht, und Entscheidungen scheinen echte Konsequenzen zu haben. Wer sich auf die Welt von Clair Obscur einlässt, darf sich auf eine mitreißende Geschichte freuen, die sich nicht scheut, große Themen wie Verlust, Identität und Erinnerung aufzugreifen. Der melancholisch-poetische Ton hebt sich angenehm von vielen Genre-Standards ab.
 

Doch ist Clair Obscur: Expedition 33 wirklich eine neue Art von RPG? Vielleicht nicht in dem Sinne, dass es das Genre vollständig revolutioniert – aber es verbindet vertraute Elemente auf so elegante und künstlerisch mutige Weise, dass es sich definitiv als frischer Wind in einem oft stagnierenden Markt behauptet. Mit einem einzigartigen Stil, einem originellen Kampfsystem und einer fesselnden Welt bietet das Spiel das Potenzial, nicht nur Genre-Fans, sondern auch Spielerinnen und Spieler außerhalb der RPG-Bubble zu begeistern.
 

Ob sich Clair Obscur langfristig als neuer Meilenstein etablieren kann, wird die Zeit zeigen. Doch schon jetzt ist klar: Dieses Spiel hat den Mut, anders zu sein.